Diese Seite besteht aus dem Kopflogo, der Haupt-Navigation, einer Info-Spalte und dem Inhalt. Es folgen nun zwei unsichtbare Sprungmarken.Sprungmarke 1: zur Haupt-Navigation unserer Internetpräsenz Sprungmarke 2: durch Betätigen dieses Links gelangen Sie zum Inhalt dieser Seite
 
 
Logo der kulturverrückt

"kulturverrueckt" 1/2018

--------------------------------

Neue Anschrift
BfK Geschäftsstelle
c/o Ines Stadie
Brauneggerstr. 34a
78462 Konstanz

--------------------------------

Kontakt- und Profilseite erstellen

Mitglieder-Projekt erstellen

--------------------------------

Bfk-Zertifikat "Selbstständig im Museum"
Infos

--------------------------------

Scheinselbstständigkeit
BfK-Positionspapier

Die "Wahrheit" über Scheinselbstständigkeit

Newsletter 2/2017
(PDF)

--------------------------------

Stellenangebote
Aktuelle Infos

--------------------------------

Logo der kulturverrückt

Dokumentation und Innovation bei der Erfassung von Kulturgütern II

Mitgliederprojekte

Mitglied werden

Kulturverrückt

 

10 Jahre Bundesverband freiberuflicher Kulturwissenschaftler
Bestandsaufnahme und Perspektiven

Die Historikergenossenschaft Geschichtswerk eG

Von Dr. Holger Martens

Die Grundidee bestand darin, Historiker, ob Freiberufler, Teilzeitbeschäftigte oder befristet Beschäftigte, unter einem Dach zusammenzubringen, um Kompetenzen zu bündeln, Kontakte zu nutzen und Ideen zu entwickeln. Gemeinsam sollten historische Dienstleistungen angeboten werden. Für die Gründung eines Unternehmens kamen verschiedene Organisationsformen in Betracht, die alle Vor- und Nachteile hatten. Die Partnergesellschaft sieht die persönliche Haftung vor, die GmbH erfordert ein Mindestkapital von 25.000 Euro und die Genossenschaft verursacht durch Gründungsgutachten, Prüfungskosten und Verbandsmitgliedschaft erhebliche Nebenkosten.

Am Ende überzeugte die Genossenschaftsidee. Die genossenschaftliche Organisation, die im Grundsatz ein Zusammenschluss von Menschen ist, die sich in gleichen oder ähnlichen Problemlagen befinden und gemeinsam Lösungswege suchen, ist die ideale Form. Die Tätigkeit der Genossenschaft ist darauf gerichtet, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern. So steht es im Gesetz.

Die demokratische Organisationsform der Genossenschaft spielte ebenfalls eine wichtige Rolle. Jedes Mitglied ist gleichberechtigt und hat eine Stimme in der Mitgliederversammlung. Vorstand und Aufsichtsrat werden von der Mitgliederversammlung gewählt. Auf die Transparenz unserer Arbeit, unserer Aktivitäten und unserer Entscheidungen legen wir besonderen Wert.

Die Genossenschaft bringt Autoren, Archivare und Ausstellungsmacher zusammen. Wir schaffen ein Netzwerk von Experten, die sich ergänzen und die gemeinsam Projekte in allen Bereichen auf hohem Niveau realisieren. Die Genossenschaft bietet auch die Möglichkeit, die Kontakte, die Beziehungen, das Wissen, die gesammelten Quellen, das eigene Archiv usw. an Berufskollegen weiterzugeben. Das heißt natürlich nicht, dass ein Mitglied verpflichtet ist, alles offen zu legen. Es ist ein Geben und ein Nehmen. Wer von anderen profitieren will, muss auch bereit sein, selbst etwas einzubringen. Weshalb muss jeder wieder bei null anfangen? Auch diesbezüglich ist die Genossenschaft eine überzeugende Unternehmensform. Das, was aufgebaut wird, kommt allen Mitgliedern zugute und nicht nur - wie bei einer GmbH - den Gesellschaftern. Diese Form der Zusammenarbeit ermöglicht es den einzelnen Genossenschaftsmitgliedern vorübergehend auszusteigen, um z.B. befristete Arbeitsverhältnisse im öffentlichen Dienst zu übernehmen. Die Mitgliedschaft ermöglicht auch ein zunächst ehrenamtliches Engagement, um durch eigene Ideen Projekte zu initiieren, aus denen eine Honorartätigung oder sogar eine befristete Anstellung hervorgehen kann.

Geschichtswerk eG wurde 2005 von acht Gründungsmitgliedern in Hamburg ins Leben gerufen. Damals mussten es noch sieben Gründungsmitglieder sein. Seit der Novellierung des Genossenschaftsgesetzes 2006 sind nur noch drei Gründungsmitglieder erforderlich. Um Mitglied von Geschichtswerk eG zu werden, muss ein Eintrittsgeld von 100 Euro gezahlt und ein Anteil über 100 Euro erworben werden. Wer Aufträge ausführen will, muss drei Anteile zeichnen.

Heute hat die Genossenschaft 20 Mitglieder und zwar nicht nur in Hamburg, sondern auch in Berlin, Bremen, Kiel und Köln. Wir freuen uns über ein bundesweites Interesse an unserer Genossenschaft und führen regelmäßig Informationsabende durch.

Von Anbeginn hat Geschichtswerk eG weniger im staatlichen Kulturbetrieb seine Entwicklungsmöglichkeiten gesehen, sondern vor allem auf den Bedarf an historischen Dienstleistungen bei Unternehmen und Privatpersonen gesetzt. Diese Strategie war erfolgreich. Vor allem konnte in der freien Wirtschaft festgestellt werden, dass ein Dienstleistungsunternehmen eher als ein verlässlicherer Partner angesehen wird als ein Freiberufler. Geschichtswerk eG bietet Gesamtlösungen an, d.h. wir liefern nicht nur ein Manuskript für eine Jubiläumsschrift ab, sondern begleiten das gesamte Projekt einschließlich Bildrecherche und Layout bis zur Drucklegung und termingerechten Auslieferung. Der klassische Freiberufler wird nach meiner Erfahrung dagegen vor allem als Anbieter von Einzeldienstleistungen wahrgenommen, so dass der Auftraggeber fürchtet, die Projektkoordination übernehmen und mit verschiedenen Vertragspartnern zusammenar-beiten zu müssen.

Die Kernmannschaft bestand am Anfang aus zwei Ich-AGlern, einer Langzeitarbeitslosen und einem Teilzeitbeschäftigten. Heute hat Geschichtswerk eG zwei Angestellte und sechs freiberufliche Mitarbeiter. Von diesen acht Personen gehören fünf der Genossenschaft an, von denen wiederum vier inzwischen ihren Lebensunterhalt überwiegend durch die Tätigkeit für Geschichtswerk eG bestreiten.

In Zahlen ausgedrückt sieht unsere Entwicklung so aus: 2006 und 2007 lag unser Umsatz bei gut 20.000 Euro, 2008 lagen wir bei knapp 100.000 Euro Umsatz und für 2009 sind bereits Ratenzahlungen in den einzelnen Projekten um 180.000 Euro fest vereinbart. Nicht berücksichtigt sind dabei die zahlreichen Kleinaufträge. Unsere Aufträge haben inzwischen ein Gesamtvolumen von deutlich über 350.000 Euro erreicht.

Das alles wurde ohne einen Cent staatlicher Unterstützung realisiert. Selbsthilfe im wahrsten Sinne des Wortes, wie sie von Hermann Schulze-Delitzsch, dem Gründungsvater des deutschen Genossenschaftswesens, vertreten wurde. Auch haben wir bisher keinen Cent Kredit benötigt und aufgenommen. Ledig für die Beschäftigung unserer Mitarbeiter haben wir zeitweilig Fördermöglichkeiten der Arbeitsagentur in Anspruch genommen.

Was haben wir in vier Jahren dazugelernt? Werbung ist auch für den Historiker ein wichtiges Instrument. Vor allem konnten wir feststellen, dass sich durch gezielte Werbung ein Bedarf an historischen Dienstleistungen wecken lässt. Wir haben erfahren, dass viele Unternehmen bereit sind, in ihre Geschichte zu investieren. Wir können aber auch feststellen, dass in der freien Wirtschaft noch gar kein fester Markt für historische Dienstleistungen vorhanden ist. Es gibt Konkurrenzunternehmen, aber es ist längst nicht so, dass ein fest umrissener Markt existiert, der unter verschiedenen Anbietern aufgeteilt ist. Vielmehr ist ein Nachfragepotenzial für historische Dienstleistungen vorhanden, das noch gar nicht erschlossen ist. Für unsere positive Entwicklung war nicht unerheblich, dass die Gründung einer Historikergenossenschaft von den Genossenschaften insgesamt mit großem Interesse zur Kenntnis genommen wurde. Geschichtswerk eG kann durch die eigene Organisationsform eine besondere Nähe zur Genossenschaftsidee vermitteln und verfügt mit diesem Alleinstellungsmerkmal über einen Wettbewerbsvorteil.

Selbstverständlich ist auch Geschichtswerk eG an der Zusammenarbeit mit Museen, Gedenkstätten, Archiven und anderen kulturellen Einrichtungen interessiert. Wir arbeiten eng mit dem Schwerpunkt Sozial- und Wirtschaftsgeschichte am Historischen Seminar der Universität Hamburg zusammen und unterstützen die im Jahre 2008 gegründete Arbeitsstelle für Genossenschaftsgeschichte. Geschichtswerk eG beteiligt sich aktiv an der seit 2006 jährlich ausgerichteten Hamburger Tagung zur Genossenschaftsgeschichte.

Geschichtswerk eG kann hier eine Schnittstellenfunktion übernehmen. Die Universität ist angesehen, hat aber keine Zeit für Drittmittelakquisition. Auch Unternehmen haben in der Regel keine zeitlichen Ressourcen, um eine Zusammenarbeit zu gestalten. Die Historikergenossenschaft kann hier vermitteln und Initiativen ergreifen. Über eine solche Schnittstellenfunktion sehen wir Möglichkeiten, mit anderen Kultureinrichtungen eine Zusammenarbeit zu etablieren. Auch im Museumsbereich wird es künftig stärker darauf ankommen, Drittmittel und Sponsoren ein- und anzuwerben. Hier sehen wir ein Aufgabenfeld für Geschichtswerk eG. So können die Kontakte zu Unternehmen, Verbänden, Vereinen und anderen Institutionen der freien Wirtschaft genutzt werden, um beispielsweise Ausstellungen in Museen zu realisieren.

Nach vier Jahren Erfahrung kann ich als Initiator und Gründer der Historikergenossenschaft sagen, dass das der richtige Schritt war. Wir haben eine für uns optimale Unternehmensform gefunden. Es ist uns nicht nur gelungen, eine Genossenschaft für historische Dienstleistungen zu gründen, sondern wir gehören schon heute mit unseren bundesweiten Aktivitäten zu den führenden Unternehmen unserer Branche.

Ich bin der festen Überzeugung, dass das Genossenschaftsmodell auch für Freiberufler in angrenzenden Berufsfeldern von Vorteil ist.