Schriften des Bundesverbands freiberuflicher Kulturwissenschaftler, Band 2

Dokumentation und Innovation bei der Erfassung von Kulturgütern

Herausgegeben von Elisabeth Ida Faulstich und Andrea Hahn-Weishaupt

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Einführung von IMDAS-Pro am Beispiel von Augusta Raurica in Augst (Schweiz)

Von Dipl.-Ing. Werner Preininger

Augusta Raurica (das antike Stadtgebiet liegt am linken Rheinufer 10 km östlich von Basel im Dreiländereck Schweiz-Frankreich-Deutschland) war eine römische Koloniestadt, in der vor beinahe 2000 Jahren an die 20.000 Menschen wohnten. Was die keltischen Einheimischen und die vom Mittelmeerraum Zugewanderten an Spuren hinterlassen haben, ist heute zu einem beachtlichen Teil ausgegraben und im größten archäologischen Freilichtmuseum der Nordwestschweiz zugänglich. Die Römerstadt Augusta Raurica zieht jährlich etwa 140.000 Besucherinnen und Besucher, Touristen und Schulkinder an.

JOANNEUM RESEARCH

JOANNEUM RESEARCH ist als größte Forschungseinrichtung Österreichs im Landesbesitz im Bereich der angewandten Forschung und Entwicklung für Wirtschaft, Industrie und Verwaltung tätig. JOANNEUM RESEARCH besteht aus sechs Forschungsabteilungen, die die Bereiche der Informationstechnologie bis hin zu sensorischen Technologien und humanwissenschaftlichen Technologien abdecken. Jede Forschungsabteilung besteht aus einer Reihe von Forschungsinstituten. Mit über 380 hoch qualifizierten Mitarbeitern ist JOANNEUM RESEARCH in wesentlichen Innovationssparten national wie international aktiv und konzentriert sich als Innovationspartner für Wirtschaftsbereiche und politische Entscheidungsträger auf die angewandte Forschung und Entwicklung in den Schlüsseltechnologien zum Beginn des Dritten Jahrtausends.

Institut für Informationssysteme und Informationsmanagement (IIS)

Das "Institut für Informationssysteme und Informationsmanagement" (IIS) www.joanneum.at/iis beschäftigt sich seit Jahren mit der Forschung und Entwicklung von IT-Lösungen in den Bereichen Digitale Medien und Intelligente Informationssysteme. Gemeinsam mit unseren nationalen und internationalen Projektpartnern bieten wir im Bereich der Digitalen Medien Lösungen zur digitalen Archivierung, Speicherung, Organisation und Bearbeitung von Video- und Audioinhalten sowie die Entwicklung einer Methode zur digitalen Filmrestaurierung. Im Bereich Intelligente Informationssysteme entwickeln wir Datenbanken in Verbindung mit Internet-Technologien für verschiedene Anwendungsbereiche, insbesondere für Bibliotheken, Fernseharchive, Museen und in der Telemedizin. Auf Grund des langjährig entwickelten wissenschaftlichen und technischen Know-hows auf dem Anwendungsgebiet "Kultur" ist IIS ein Kompetenzpartner für Archive und Museen geworden.

IMDAS-Pro

IMDAS-Pro ist ein Softwarepaket für Museen, das am "Institut für Informationssysteme und Informationsmanagement" entwickelt wurde und das für die elektronische Dokumentation sämtlicher Museumsobjekte verwendet werden kann. Der große Vorteil des Programmpakets besteht darin, dass die Grundfunktionen und Hauptmasken (Registrierung, Inventarisierung, Suchfunktion und Thesaurus) sammlungsübergreifend verwendet werden können, d.h. die Objekte eines Museums können in allen Bereichen einheitlich erfasst werden. Durch diese systematische Sammlung aller Informationen lässt sich bei der wissenschaftlichen Aufbereitung ein enormer Zeitgewinn erzielen. Darüber hinaus werden der Zugang zu den Sammlungen und das Auffinden von Objekten auch für Museumsbesucher deutlich vereinfacht..

Durch die Integration der Bereiche "Bibliographische Objekte" und "Archivalien" bietet IMDAS-Pro auch Bibliotheken und Archiven die Möglichkeiten, ihre Bestände übersichtlich und effizient zu dokumentieren und zu archivieren.

Ausgangssituation Augusta Raurica

In Augusta Raurica existierte eine selbst entwickelte Oracle Anwendung, in der die archäologischen Grunddaten erfasst wurden. Weitere spezifische Daten z.B. über Münzen, Fibeln usw. wurden teils in Access Datenbanken oder in Excel Tabellen geführt. Restaurierungsdaten wurden ebenfalls in einer Oracle Datenbank erfasst. Die Daten hatten jedoch keine Verknüpfung zu den Fundobjekten.

Weitere Daten wie Grabungstagebücher, Zeichnungen, digitale Fotos wurden auf einem Server abgelegt.

Einführung von IMDAS-Pro

Ziel der Ausschreibung einer neuen Software für Augusta Raurica war, alle Daten und Dokumente in einer zentralen Datenbank zusammenzufassen und untereinander zu verknüpfen. Die Abbildung 1 (Datenvernetzung) zeigt eine Übersicht über die möglichen Verknüpfungen.

Grafik zur Datenvernetzung

Abb. 1

Datenvernetzung

Die Erfassungsmasken sollten auch durch die Anwender an zukünftige Anforderungen angepasst werden können.

Anbindung an ein GIS-System

- Einbindung einer Bilddatenbank. Dabei soll das System EXIF- und IPTC-Daten
aus digitalen Fotos auslesen und schreiben können
- Integration eines Depot und Verleihwesens
- Verwaltung von Monumenten (Denkmalschutz)
- Dokumentation von externen Restaurierungen
- Möglichkeit Teilbestände von Daten auf einem Laptop offline zu bearbeiten
(z.B. auf der Grabung) und diese wieder mit der zentralen Datenbank zu
synchronisieren
- Über einen Excel Import-/Export können auch Daten vom Anwender importiert
werden, die nicht aus IMDAS-Pro stammen

Datenübernahme nach IMDAS-Pro

Im Zuge der Migration wurden folgende Daten übernommen:

- 2.800 Grabungen
- 72.000 Fundkomplexe
- 1.500.000 Fundobjekte
- 270.000 Fotos, Zeichnungen, Pläne
- Röntgenbilder, Tagebücher, Luftaufnahmen, Dokumentationen

Mittlerweile (Stand Herbst 2007) sind die Daten auf 2.929 Grabungen, 75.404 Fundkomplexe, 1.570.000 Fundobjekte und 292.000 Fotos, Tagebücher angewachsen.

Datenerfassung

Mit Hilfe der Rechtevergabe können die Anwender nur in Ihrem Bereich Daten neu erfassen und ändern.

Personendaten, Thesauri und Listen werden zentral verwaltet. Dadurch wird eine einheitliche Beschlagwortung sichergestellt und die Daten müssen nur einmal erfasst bzw. geändert werden.

Screenshot: Erfassung einer Grabung

Zum Vergrößern auf das Bild klickenAbb. 2

Erfassung einer Grabung

In der Baumansicht im linken Teil der Maske wird eine Übersicht über alle zur Grabung vorhandenen Daten angezeigt:

Es sind dies 1 Literaturhinweis, 843 Fundkomplexe, 1.359 Fotos, 113 Zeichnungen, 74 Luftbilder und ein Tagebuch.

Die folgende Abbildung zeigt eine Erfassungsmaske für Münzen:

Screenshot: Erfassung von Münzen

Zum Vergrößern auf das Bild klickenAbb. 3

Erfassung von Münzen

Bei der Dokumentation von Restaurierungsschritten können auch Röntgenbilder, Analysen, Negativformen, Restaurierungsfotos verwaltet werden.

Mit Hilfe der IMDAS-Pro GIS-Schnittstelle können Grabungen sehr schnell visualisiert werden. Man kann in der GIS-Vorschau Grabungen markieren und die Datensätze in IMDAS-Pro anzeigen lassen.

Screenshot: IMDAS GIS

Zum Vergrößern auf das Bild klickenAbb. 4

IMDAS GIS

Um die Inventarisierung der Fundobjekte zu beschleunigen wurden Schnittstellen zu einer elektronischen Waage, zu einem Scherbendrucker und einer Fotostation programmiert.

IMDAS-Pro wird nicht nur im Bereich Archäologie eingesetzt. Unter anderem wird IMDAS-Pro noch von folgenden Museen verwendet:

Landesmuseum Joanneum, Graz
Museum im alten Zeughaus, Bad Radkersburg
Diözesanmuseum, Augsburg
Heeresgeschichtliches Museum, Wien
Ausseer Kammerhofmuseum, Bad Aussee
Staatliches Museum für Naturkunde, Stuttgart
Museum der Stadt Villach
Reiss-Engelhorn Museum, Mannheim
Museen der Stadt Bamberg
Sächsisches Apothekenmuseum Leipzig
Stadtmuseum Mariazell
Pfalzgalerie Kaiserslautern
Völkerkundemuseum Hamburg
Archäologie Baselland, Liestal/Schweiz

 

Kontakt

Werner Preininger
JOANNEUM RESEARCH Forschungsgesellschaft mbH
Steyrergasse 17 - 19
A-8010 Graz, Österreich
Mail: werner.preininger@joanneum.at

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