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Dokumentation und Innovation bei der Erfassung von Kulturgütern II
Der BfK ist sich der Problematik der Langzeitarbeitslosigkeit bewusst, sieht aber keine Lösung des Problems durch Beschäftigungen im Kulturbereich auf der Basis der Regelungen für sog. Ein-Euro-Jobs. Der Einsatz von Ein-Euro-Kräften in vielen Bereichen der Kulturarbeit wird die Auftragslage für Selbständige verschlechtern und die Tätigkeit von freiberuflichen Kulturwissenschaftlern gefährden.
Wenn die Kultur zu einem Einsatzort für Ein-Euro-Jobs wird, ist damit die Botschaft verbunden: "Das Kulturelle ist einen Euro Wert, das Kulturelle braucht keine besondere Kompetenz, kulturelles Engagement ist erzwingbar." Damit wird die Kultur insgesamt als "zusätzliches" Gut diskreditiert.
Ein-Euro-Jobs sind zeitlich befristet. Doch Arbeit im Bereich Kultur benötigt Kontinuität. Schon die AB-Maßnahmen der 1990er Jahre signalisierten: Kultur wird nur solange gefördert, wie es aus arbeitsmarktpolitischen Gründen erforderlich scheint. Kultur ist aber unabhängig vom Arbeitsmarkt wichtig. Kultur darf nicht von plötzlichen Änderungen in der Arbeitsmarktpolitik abhängig sein!
In Zeiten, in der Geld für die Kultur zusehends gekürzt wird, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis auf den Einsatz von entsprechend bezahlten Fachkräften in immer mehr kulturellen Arbeitsbereichen verzichtet wird. "Kultur" und "beliebig" werden einen Einklang bilden. Argumenten für eine dauerhafte bessere Finanzierung und Ausstattung des Kulturbereichs wird der Boden entzogen, wenn auf Personalmangel schnell und flexibel mit Ein-Euro-Jobs reagiert werden kann
Der Einsatz von Ein-Euro-Kräften in vielen Bereichen der Kulturarbeit wird die Auftragslage für Selbständige verschlechtern und die Tätigkeit von freiberuflichen Kulturwissenschaftlern gefährden. Um ein Beispiel zu nennen: Der Einsatz von Ein-Euro-Kräften ist besonders für die Inventarisierung und Dokumentation von Kulturgut in Museen im Gespräch. Diese Tätigkeiten gehören zu den festen Aufgaben der Kulturinstitutionen und Museen, sind also keine zusätzlichen Aufgaben, für die Ein-Euro-Jobs gedacht sind. Wo es aus personellen Gründen erforderlich und möglich war, wurden diese Aufgabenbereiche bisher häufig als Auftragsarbeiten an freiberufliche Kulturwissenschaftler vergeben. Freiberufliche Kulturwissenschaftler haben die hohen Qualifikationen, die für diese Aufgaben benötigt werden, nämlich Fach- und Spezialkenntnisse zur Bestimmung und Einordnung der Objektbestände sowie konservatorische Kenntnisse im Umgang mit den zumeist fragilen Objekten. Darum sind sie die anerkannten Partner der Kulturinstitutionen. Inventarisierung und Dokumentation gehören deshalb seit Jahren zu den festen Arbeitsgebieten der Selbständigen und bilden für viele Firmen ein wichtiges finanzielles Standbein, wenn nicht das Fundament.
Dieses Beispiel ist auch auf andere Arbeitsbereiche von Museen und ähnlichen Kulturinstitutionen übertragbar. Damit dieser freie Dienstleistungsmarkt erhalten bleibt, braucht er verlässliche Verhältnisse und eine auskömmliche Bezahlung. Er kann auf preislicher Ebene nicht mit Ein-Euro-Kräften konkurrieren. Die Vergabe von Ein-Euro-Jobs im kulturellen und musealen Bereich sowie in Denkmalpflege und Archäologie gefährdet die Auftragsvergabe an Selbständige und wirkt sich nachteilig auf die Honorargestaltung freiberuflicher Arbeit aus. Freiberufler und Ein-Euro-Job-Nehmer werden in eine Konkurrenz gebracht, die für keine Seite Vorteile bringt. Bei der Prüfung des zwingenden Kriteriums der "Zusätzlichkeit" von Ein-Euro-Jobs-Tätigkeiten muss daher unbedingt nicht nur beachtet werden, ob diese Tätigkeiten bisher von angestellten Beschäftigten geleistet wurden, sondern auch einbezogen werden, ob sie bisher an externe freiberufliche Dienstleister vergeben wurden.
Die Vergabe von Ein-Euro-Jobs soll mit Qualifizierungsmaßnahmen von Arbeitslosen verbunden werden. Dieses Vorhaben suggeriert Nachhaltigkeit, doch das Gegenteil ist der Fall: Kulturinstitutionen, die Aufgaben aus personellen Gründen outsourcen, sind auch nicht dazu in der Lage, entsprechend zu qualifizieren. Selbst wenn Qualifizierungsmaßnahmen durchgeführt werden, können die so Geschulten nicht mit einer festen Beschäftigung rechnen. Eine gegenteilige Vorstellung ist unrealistisch und verkennt die tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten im Kultursektor. Langfristig droht hier ein Bumerang-Effekt: Dem freien Markt qualifizierter freiberuflicher Angebote wird durch die Ein-Euro-Jobs die dauerhafte Grundlage entzogen – unterstützt von den gleichen Institutionen, die die Gründung neuer Kleinunternehmen in diesem Bereich fördern.
Kultur gibt es nicht umsonst! Qualitätsvolle Kulturarbeit benötigt Nachhaltigkeit und ist auf einen Markt freiberuflicher kulturwissenschaftlicher Angebote angewiesen.